Vogelfang

Vogelfang

Viele mehr oder weniger lustige Begebenheiten ranken sich auch heute noch um die Vogelstellerei im Oberharz. Hier stellen wir Ihnen die eine oder andere Geschichte vor. Und: schmunzeln ist ausdrücklich erlaubt.

Bewahchung is gesund vor dr Verdauung!

Wenn dr Rähf äne gans feine Silwerschicht iwer Busch un Hallem gebrätt hatte, wenn dr Himmel hall un klar war, su kunnte mr wull off de imliehngden Barrichhehn änselne Geschtalten sahn, die alln Ahnschein nohch sinn- un zwecklus do draußen off de Wiesen rimschtanden un sich de kalte Morringluft im dr Nohs wehe liehsen. Mehstens schtand ah net weit drvon ä kläner Busch un kam mr aus Versahn ä habbel zu nah an de sonderbarn Naturschwärmer ran, su kunnte mr zu sän grußen Erschtaune festschtelln, dosse mißtrauisch dn Hals lang machten un an zu lahfen finge.

Mr kannse net verdenken, dosse kän traue, denn de Pollezei is arrig hinter de Vuhchelschteller har un do nu dr Tierschutzverein gar ah noch drzu kimmt, su hanse ä schwäres Schtick Bruht. Ich willse net verteiding, un gar net, wenn in Friehjahr geschtellt wärd, wu de Vuhchel hecken, ower ich gläb, eh de Vuhchelschtellerei gans offn Harz ausgerott is, warn wull noch viel Wasser zu Tol fließen. Dr Käser Heinrich hot hier all Vuhchel geschtellt, frieher warsch frei, un seche Leidenschaften sitzen feste.

Ihr von Tierschutzverein guckt mich mant net schehf ahn, ich gieh mit kän Lockvuhchel un mit käne Rutten fort, ower ich hoh mein Schpaß an alle die lusting Schträchle, die all passiert sän, wenn de huhche Pollezei hinter de Vuhchelschteller har war. Gar mannicher hot sei Heilichtum, de „Verrater“, eingebiest un noch drzu gans kräftig blachen messen, ower ahch genung warn de Jahcher de Blamierten.

Su än Schpaß willich eich verzehln.

Dr alte Gustel hatte dn gansen Harwest Pech gehatt. Dreimol hatter all Reißaus namme messen un hatte de besten Schtellvuhchel, zwä Schtiechelitzen, än Hanneflich un än Fink in Schtich lohsen messen, dr Schandarm war gar zu rasch dr Hall raufgekumme, har hatte lahfen messen, off dn Landratsamt hinge nu de Vuhchel un bluß än Zässig hatter in Heisel sitzen.

Wie unner Gustel an su än klarn Harwestmorring naus in Garten gäng, do drehtesne es Hartz in Leiwe im, wierer hinten off dr Marie-Hedewig ä paar Geschtalten hin und har trampeln sohg. Ower wos wollter machen, dr Schandarm wuhnte off dr Nabberschaft un dar hattene scharf offn Schtrich. Un richtig, wierer sich huhchguckt, do siehter, doß dr Schandarm ah all offe is, hinter de Kardiening schtieht un ne wahrt.

Himmelkreizschockschwärenutnetnochämol! su wattert dr Gust iwer dann Aufpasser un gieht vor Arricher nein. Wierer ower iwern Hoff sappt, do bleihter mit ämol schtiehn un kloppt sich vorn Kopp un lacht, dosser sich än Ahngblick offn Schpellklotz setzen muß. Dann ower isser wie ä Watter nein in Haus un es wahrt net lang, su kimmter sachte aus dr Hofftihr rausgeschlichen, es Vuhchelheisel mit dn Iwerzuhk trehter in dr Hand. Wierer zu dr Gartenpfort naushuscht, siehter, wie ahm sein Nabber sei Kopp von Fanster verschwind.

Der Gust helt sich net auf, denn de Zeit, wu de Vuhchel noch zugiehn, wahrt net meh lang. Uhm in dr Bahmerschul machter zuracht, lett ower es Tuch gut iwern Heisel, un zum Dunnerwatter net nochämol, har tut, als gehs käne Pollezei, su sorriglus isser. Su kimmts denn, wies kumme muß. Es knackt hinterne un wie aus dr Pistol geschossen kimmt sei Nabber, dr Schandarm, offne zugefahcht. Dr Gustel kann bluß noch mit än letzten Schprung es Heisel schnappen un fort gieht de wilde Jagd.

Nob nohng Schmiedsteich zu gieht dr Wettlahf, un de Pollezei rickt dn Gustel immer meh offn Fall. Die bäden Mästerschaftslahfer dampen mant su, ower es zeigt sich doch balle, doß dn Gust seine Jahre, dierer elter is, schwär wiehng. Vielleicht noch fufzich Schritt is dr Schandarm hinterne, do kann dr Gustel net meh, har schmeißt sich ähnfach offn Buhden.

Sei Nabber kimmt wie ä Wilder ahn, paßt ower net auf, schtolpert iwer äner Schtuhkenworzel un kimmt nahm Gustel in Grohs zu liehng. Bäde jappense nohch Luft. Dr Gustel verhuhlt sich zuärscht un prahlt luhs: „Su, jetzt isses ower genung! Wesserhalleb sänse denn de ganse Zeit hinter mr dorrich geloffen?“

Dan Schandarm bleiht vor Erschtaune iwer dar Frachhät dr Oten von neie wack. „Geben Sie sofort den Lockvögel her!“ schreiter nu ah fuchtich. Do fängt dr Gustel es zwätemol heite morring ahn zu lachen un lacht, dosser vor Schluchzen net schprachen kann. Wierer sich beruhigt hot, mänter: „Su, deshalb han mr dissen Dauerlahf gemacht! Ower Nabber, do hanse sich vergablich bemieht. Ich hoh ju gar kän Vuhchel in Heisel, ich hoh ju gar net schtelln wolln!“


„Sie wollen mich wohl glauben machen, daß Sie mit leerem Bauer spazieren gehen!“ schreit dr Schandarm fuchtig un macht Anschtalt, nohch dn Heisel zu fassen. Do ower wärd dr Gustel obsternatsch, har schreit: „Dos gieht Sie garnischt ahn, wos in mein Vuhchelheisel is. Unnere Pussi hot Junge un dos äne wollte net orndlich frassen, do wolltich ä bissel drmit an dr Luft un do ichs net an Rieme wie än Hund namme kunnte, su hoichs in Vuhchelheisel gesetzt!“.


Schprichts, nimmt de Deck von Heisel un drinne sitzt – ä vier Wochen altes Katzel.


Dr Schandarm schtieht wie vorn Brähng geschlahn un saht: „Weshalb sind Sie denn so gelaufen?“ Do mänt dr Gust: „Ach Nabber, mei Mohng is net in Ordnung, un do hot mr meine Frah Bitterklee gekocht un hot gesaht, ich soll mr viel Bewahchung machen! Nu machenses gut!“

Dodrmit giehter dn Buhlwahck nauf.

Wenn der Reif eine ganz feine Silberschicht über Busch und Halm gebreitet hatte, wenn der Himmel hell und klar war, so konnte man wohl auf den umliegenden Bergeshöhen einzelne Gestalten sehen, die allem anscheinend nach Sinn und zwecklos da draußen auf den Wiesen umherstanden und sich die kalte Morgenluft um die Nase wehen ließen. Meistens stand auch nicht weit davon ein kleiner Busch und kam man aus Versehen ein bisschen zu nahe an die sonderbaren Naturschwärmer heran, so konnte man zu seinem großen Erstaunen feststellen, dass sie misstrauisch den Hals lang machten und zu laufen anfingen.

Man kann es ihnen nicht verdenken, dass sie niemandem trauten, denn die Polizei ist arg hinter den Vogelstellern her und da nun der Tierschutzverein gar auch noch dazu kommt, so haben sie ein schweres Stück Brot. Ich will sie nicht verteidigen, und gar nicht, wenn im Frühjahr gestellt wird, wo die Vögel hecken, aber ich glaube, ehe die Vogelstellerei im ganzen Harz ausgerottet ist, werden wohl noch viele Wasser ui Tal fließen. Der Kaiser Heinrich hat hier schon Vögel gestellt, früher war's frei, und solche Leidenschaften sitzen tief.

Ihr vom Tierschutzverein guckt mich nur nicht so schief an, ich gehe mit keinem Lockvogel und mit keiner Leimrute fort, aber ich habe meinen Spaß an allen lustigen Streichen, die passiert sind, wenn die hohe Polizei hinter den Vogelstellern her war. Gar mancher hat sein Heiligtum, die Verräter eingebüßt und noch dazu ganz kräftig blechen müssen, aber auch genug waren die Jäger die Blamierten.


So einen Spaß will ich euch erzählen.

Der alte Gustel hatte den ganzen Herbst Pech gehabt. Dreimal hat er schon Reißaus nehmen müssen und hatte die besten Stellvögel, zwei Stieglitzen, einen Hänfling und einen Fink in Stich lassen müssen, der Gendarm war gar zu rasch die Halde hinauf gekommen, er hatte laufen müssen, auf dem Landratsamt hingen nun die Vögel und nur einen Zeisig hatte er im Vogelhäuschen sitzen.

Als unser Gustel an so einem klaren Herbstmorgen in den Garten ging, da drehte es ihm das Herz im Leibe um, wie er hinten auf der Maria-Hedwig ein paar Gestalten hin und her trampeln sah. Aber was wollte er machen, der Gendarm wohnte auf der Nachbarschaft und hatte ein scharfes Auge auf ihn. Und richtig, als er rüber schaut, bemerkt er, dass der Gendarm auch schon wach ist, hinter den Gardinen steht und ihn im Blick hat.

Himmelkreuzschockschwerenotnichtnocheinmal! So wettert der Gustel über den Aufpasser und will vor Ärger ins Haus gehen. Wie er so über den Hof geht bleibt er stehen, klopft sich vor dem Kopf und lacht, dass er sich einen Augenblick auf den Hackeklotz setzen muss. Dann aber ist er wie ein Wetter rein ins Haus und es dauert nicht lange, so kommt er leise aus der Hoftür rausgeschlichen, das Vogelhäuschen mit dem Überzug trägt er in der Hand. Als er zur Gartenpforte hinaus huscht, sieht er wie soeben Nachbars Kopf vom Fenster verschwindet.

Der Gustel hält sich nicht lange auf, denn die Zeit wo die Vogel noch zu gehen dauert nicht mehr lange. Oben in der Baumschule baut er auf, lässt aber dass du über dem Vogelhäuschen. Und zum Donnerwetter nicht noch einmal, er tut, als gäbe es keine Polizei, so sorglos ist er. So kommt es dann, wie es kommen muss. Es knackt hinter ihm und wie aus der Pistole geschossen kommt sein Nachbar, der jan da Gendarm auf ihn zugelaufen. Der Gustel kann nur noch mit einem letzten Sprung das Vogelhäuschen schnappen und fort geht die wilde Jagd.

Hinunter zum Schmiedteich geht der Wettlauf, und die Polizei rückt dem Gustel immer mehr auf das Fell. Die beiden Meisterschaftläufer dampfen nur so, aber es zeigt sich doch bald, dass die Jahre, die Gustel älter ist, schwer wiegen. Vielleicht noch 50 Schritte ist der Gendarm hinter ihm, da kann der Gustel nicht mehr, erweist sich einfach auf dem Boden.

Sein Nachbar kommt wie ein wilder an, passt aber nicht auf, Stolpert über eine Stukenwurzel und kommt neben Gustel im Gras zu liegen. Beide schnappen sie nach Luft. Der Gustel erholt sich zuerst und prallt los: „So, jetzt ist es aber genug! Weshalb sind sie denn die ganze Zeit hinter mir her gelaufen?“

Dem Gendarm bleibt vor Erstaunen über diese Frechheit von neuem der Atem weg. „Geben Sie sofort den Lockvogel her!“ schreit er nun auch ärgerlich. Da fängt der Gustel zum zweiten Mal heute Morgen an zu lachen und lacht, dass er vor Schluchzen nicht mehr sprechen kann. Als er sich beruhigt hat, meinte er: „So, deshalb haben wir diesen Dauerlauf gemacht! Aber Nachbar, da haben Sie sich vergeblich bemüht. Ich habe ja gar keinen Vogel im Bauer. Ich hab ja gar nicht Vogelstellen wollen.

„Sie wollen mich wohl glauben machen, daß Sie mit leerem Bauer spazieren gehen!“ schreit der Gendarm ärgerlich und macht Anstalten, nach dem Bauer zu fassen. Da aber wird der Gustel widerspenstig, er schreit: „Das geht Sie gar nichts an, was in meinem Vogelhäusel ist. Unsere Pussi hat Junge und das eine wollte nicht ordentlich fressen, da wollte ich ein bisschen mit ihm an die Luft und da ich es nicht an die Leine wie einen Hund nehmen kann, habe ich es in den Vogelbauer gesetzt!“

Spricht, nimmt die Decke vom Bauer und drin sitzt – ein vier Wochen altes Kätzchen.

Der Gendarm steht wie vor den Kopf geschlagen und sagt: „Weshalb sind Sie denn so gelaufen?“ Da meint der Gust: „Ach Nachbar, mein Magen ist nicht in Ordnung und da hat mir meine Frau Bitterklee gekocht und hat gesagt, ich soll mir viel Bewegung machen. Nun machen Sie es gut!“

Damit geht er den Bohlweg hinauf.

Text: Hermann Klingsöhr.
Entnommen aus dem Buch „Dr Schießer verzehlt – Band 1“,
Clausthal-Zellerfeld, 1935.

Dr Vuchelschteller

Ich schnupper in dn Wind,

Guck nohch dan Watterhahn
Un hul es Schtellzeich ausen Schpind.

Heit mißt’s wos Rachtes gahn!

Ich horrich naus un pols,
Do kocht mr rän es Blut:

De Zessing flieng all aus dn Hols.

Dr Wind – un dar weht gut.

Drhämm wärd mrsch ze dumm,

Muß naus uhm off dr Heh.

Wenn äne Schtunn ich schpäter kumm,

De Zessing sänn adje.

Dan Lockhahn har un fort,

Do hält mich wos ahn Arm:

Denn im dr Eck, wie mir zum Tort,

Kimmt grodwahks dr Schandarn.

Ich drick mich nein in Haus,

Die Luft, die is net rän.

Denn pols ich mol zun Fanster naus

Un denk un lach un män:

Gieht vorne dar Schandarm,
Denn loß ne sei Pläsier.

Har soll dn Schpaß mir net verdarm –

Wisch naus dr Hintertihr.

Ich schnuppere in den Wind,

Guck nach dem Wetterhahn

Und hole das Stellzeug (Vogelfangutensilien) aus dem Spind.

Heute müßte es etwas Rechtes geben!

Ich horche hinaus und schaue,

Da kocht mir rein das Blut:

Die Zeisige fliegen schon aus dem Holz (Wald).

Der Wind – und der weht gut.

Daheim wird es mir zu dumm,

Muß hinaus oben auf die Höhe.

Wenn eine Stund’ ich später komme,

Die Zeisige sind adieu (fort).

Den Lockhahn her und fort,

Da hält mich etwas am Arm:

Denn um die Ecke, wie mir zum Spott,

Kommt geradewegs der Gendarm.

Ich drücke mich hinein ins Haus,

Die Luft, die ist nicht rein.

Dann schau’ ich mal zum Fenster hinaus

Und denke und lache und meine:

Geht vorn der Gendarm,

Dann laß ihm sein Pläsier.

Er soll den Spaß mir nicht verderben –

Entwische hinaus zur Hintertür. 

Mundartgedicht von Karl Reinecke-Altenau,
entnommen aus dem Buch „Die Schwalben von Toledo“,
Verlag der Heimatstube Altenau-Schulenberg,
Altenau, 2020, ISBN 978-3-00-066955-2

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